15. Februar, stelle ich mit einem Blick auf den Bürokalender nüchtern fest und schon möchte ich eilig weitertippen an meinem Beitrag, der am Montag fertig sein muss, da kommt mir dieser 15. mit einem Mal so bedeutsam vor. Ich muss innehalten, augenblicklich, es lässt mich nicht los. Stark und eigen ist dieses Gefühl, ich kann es nicht zuordnen. Am 15. März hat mein Mann Geburtstag, fällt es mir erleichtert ein, deshalb starrt mich diese Zahl heute so bedeutungsvoll an. Aber nein, das ist es nicht, es ist etwas anderes. Ich spüre es. Mein Magen krampft sich zusammen und da weiß ich es. Mein Papa, er ist an einem 15. gestorben. Am 15. März, vor fast einem Jahr also. Am Geburtstag meines Mannes.
Heute vor einem Jahr, da hat er noch gelebt. Heute vor einem Jahr, da war er noch voller Pläne und Ideen. Ängsten wahrscheinlich, vor dem bevorstehenden Krankenhausaufenthalt und allem was kommen würde. Sorgen, ob es die Operation brauchen und wie er sie überstehen würde. Voller Hoffnung aber auch, voller Leben, voller Tatendrang, voll seinem Charme und seinem Witz. Unvorstellbar, dass er einen Monat später nicht mehr da sein sollte. Hätte ich etwas anders gemacht, wenn ich das gewusst hätte? Hätte ich noch mehr tun können für ihn?
Vielleicht hätte ich das, aber mit etwas Abstand betrachtet war gerade der letzte Monat so ein schöner, ein intensiver. Jeden Tag telefonierten wir, oft besuchten wir ihn. Ja, er war überschwänglicher als sonst, hat sich euphorischer gefreut und wortreicher bedankt. Auch wenn es oft um Belanglosigkeiten ging, was er heute getan oder was es heute zum Essen gegeben hatte, ich hörte die liebevolle Wärme seiner Stimme durch bis an das andere Ende der Leitung. Es war eine besondere, vorsichtige, behutsame Zeit, für die ich unendlich dankbar bin.
Hoffentlich nicht heute, hoffentlich passiert es nicht heute an deinem Geburtstag, hatte ich an jenem 15. März meinem Mann frühmorgens an die Brust geschluchzt. Es wird nicht sein, versuchte er mich zu beruhigen. Dein Papa schafft das, stark wie er ist. Doch es war. Es passierte. Das Unglaubliche, das Entsetzliche, das Endgültige. Er schaffte es nicht. Er verließ uns, genau an diesem Tag ging er, mein Papa. Der Stärkste, der Unverwüstlichste, der, der mich von Anfang an begleitet hatte, der, der nie Schwäche gezeigt hatte. Mit all seinen Träumen und Ängsten, mit seinen Hoffnungen und Ideen, mit seinem Tatendrang und seiner Lebenslust, seinem Charme und seinem Witz. Er ging an einem 15. März, dem Geburtstag meines Mannes.
Ich haderte sehr damit, dass diese beiden Ereignisse zusammenfallen mussten. Ich hatte Angst, nie wieder an Erichs Geburtstag fröhlich und so sein zu können, wie er es sich, wie es sich jeder Mensch an seinem Geburtstag verdiente. Ich befürchtete, dass an diesem Tag immer Trauer und Schmerz mitschwingen würden und er nie mehr voller Partylaune und Sekt, voll Feierstimmung und Freude sein könnte.
Bis mir eine liebe Freundin diese Angst nahm. Es zeigt dir, wie verbunden die wichtigsten Männer in deinem Leben sind, schrieb sie mir in einem WhatsApp, in dem ich unglücklich diesen furchtbaren “Zufall“ betrauerte.
Und dieser Gedanke beruhigt mich noch heute so sehr. Ja, ich werde diesen 15. März feierlich begehen. Auch wenn ich heute schon weine, beim bloßen Anblick dieser unschuldigen 15, werde ich es schaffen. Ich werde alle Tränen willkommen heißen, aber auch die Freude, die wird da sein, das weiß ich gewiss. Sie bahnt sich bereits jetzt ihren spürbaren Weg in mir. Sie wird stärker und intensiver sein denn je. Sie wird einen besonderen Glanz haben und alles überstrahlen. Sie wird nicht nur nach außen, sie wird nach innen leuchten. Denn sie wird ein Ausdruck der Verbundenheit sein, der Verbundenheit mit diesen zwei wunderbaren Lebensmenschen. Jener Verbundenheit, die so unvergänglich und unverwüstlich ist wie mein Papa in mir.