In der Schulklasse meiner Tochter ist heuer Engerl-Bengerl-Spiel angesagt. Es geht aber nicht nur darum, sich ein kleines Geschenk für sein Bengerl auszudenken. Die Spielregel lautet auch, seinem Bengerl über den Advent verteilt kleine Freuden zu machen. Auf eine Art und Weise, die der- bzw. demjenigen jedoch nicht verrät, von wem die Beglückung ausgeht.
Gleich löst diese Botschaft einen Rattenschwanz an Überlegungen in mir aus. Könnte ich das auch? Könnte ich nicht auch leise kleine Freuden verteilen, anstatt mich mit der Suche nach dem besten Weihnachtsgeschenk oder dem sinnvollsten Weihnachtsspruch zu befassen?
Ich könnte Komplimente verteilen. Ich könnte den Menschen länger in die Augen schauen, um zu erforschen, wie es ihnen wirklich geht. Ich könnte mehr lächeln. Ich könnte Türen aufhalten und in der vollen U-Bahn Plätze anbieten. Ich könnte Kleinigkeiten verschenken, ohne etwas zurückzuerwarten. Ich könnte mir nach meiner Frage nach dem Befinden länger Zeit nehmen und auf die feinen Zwischentöne achten. Ich könnte hinterfragen, was mein Gegenüber wirklich bewegt und zum Kern vordringen. Ich könnte langsamer gehen und mein Umfeld genauer wahrnehmen. Ich könnte meinen Blick schärfen und herausfinden, wenn jemand mehr braucht als ein höfliches Gespräch.
Ich könnte öfters jemanden umarmen. Ich könnte mehr Gefühl in Abschiedsküsse und Willkommensgrüße legen. Ich könnte, auch wenn ständig so vieles erledigt werden will, mir mehr Zeit nehmen für jegliche Begegnungen. Ich könnte auch wortlose Aufeinandertreffen mit fremden Menschen mit einem wohlwollenden Blickkontakt versehen.
Ich könnte Müll aufheben, der auf meinem Weg liegt und ihn entsorgen. Ich könnte mich in Geduld üben, mit anderen und auch mit mir. Ich könnte ein negatives Wort, das in mir hochkommt, hinunterschlucken und still sein. Ich könnte versuchen, die Welt ein Stückchen schöner zu machen.
Meine Tochter legt ihrem Bengerl heimlich ein Schokobonbon auf den Tisch. Ihre Freude über die geglückte Aktion ist unbändig. Es wurde nicht bemerkt, von wem die Überraschung kam, erzählt sie aufgekratzt und kann sich den ganzen Nachmittag lang vor lauter Seligkeit gar nicht erholen von diesem Experiment.
Offensichtlich macht es Spaß, die Welt ein bisschen schöner zu machen. Es ist ganz einfach, es zu tun. Schon bin ich angesteckt. Ich werde es versuchen. Solange, bis auch ich vor Übermut nicht mehr ruhig sitzen kann. Bis ich vor lauter Ideen, die Freude machen könnten, ganz auf meine Alltagssorgen vergesse. Bis ich mir nicht vornehmen muss, mehr zu lächeln und freundlicher zu sein, sondern es ganz von selbst tue. Bis ich nicht mehr aufhören kann, vor Freude in die Luft zu springen. Bis mir die gute Laune bei den Ohren herauskommt. Bis ich die ganze Welt umarmen will. Bis mir die Weihnachtsfreude ins Gesicht geschrieben steht. Bis ich euch alle angesteckt habe.
7 Kommentare
Also mich hast du schon mal angesteckt! ❤
Das freut mich so sehr!
Bis die gute Laune bei den Ohren heraus kommt… mein Lieblingssatz hier! 👌♥️
Das ist super, ich habe auch schon Ideen ❤❤
Das ist sogar sehr super! Welche denn?;)
„…bis ich euch alle angesteckt habe“… das ist dir definitiv gelungen! Danke!
„…bis ich euch alle angesteckt habe“… das ist dir definitiv gelungen! Danke!