Meine Krisen – meine Chancen

Gräser wachsen durch Asphalt - Meine Krisen, meine Chancen

Meine Schreiblust schlummert schon des längeren in mir. In der Schule hatte ich einen Hang zum Aufsatzschreiben, in meiner Jugendzeit pflegte ich jede Menge Brieffreundschaften – ich liebe seit jeher den schriftlichen Austausch. Meine Geburtstagskarten fallen gerne länger aus, ich führe Tagebuch, ich whatsappe ausführlich. Obwohl ich unablässig spürte, dass es in diese Richtung möglicherweise noch etwas zu tun gab für mich, aber nie wusste, was dieses Etwas sein sollte, nahm ich mit dem Formulieren von Geschäftsbriefen und Emails vorlieb. In der Trauer um den Tod meiner Eltern brach meine Neigung wie ein Vulkan aus mir heraus. Ich schrieb darauf los, war nicht zu halten. Ich stellte meine Ergüsse online, fragte mich nicht, ob diese je jemand lesen würde. Ich überlegte nicht, ich zweifelte nicht – ich tat.

Dasselbe Schema hier: Schon jahrelang besuche ich einmal wöchentlich das Yogastudio. Genauso lange redete ich davon, öfters trainieren zu wollen. Am besten täglich. Nie konnte ich mich dazu aufraffen. Das ein oder andere Mal schob ich eine Einheit am Wochenende ein, aber dies beileibe nicht regelmäßig. Nach einem intensiven Persönlichkeitsentwicklungstermin, an dem mir meine Mängel recht offen aufgelistet wurden, war ich am Boden zerstört. Ich war seelisch und körperlich angeschlagen, fühlte mich unzulänglich, fehlerhaft, minderwertig. Zwei Tage später raffte ich mich auf – seither mache ich sie täglich, meine Yogaeinheit.

Mit der Verwirklichung meines Blogs ging es mir ähnlich. Die Idee dazu trug ich schon geraume Zeit mit mir herum. Ich wusste jedoch nicht, wie es angehen und ob es überhaupt klug wäre, in Zeiten der Blogsintflut noch einen weiteren auf den Hand mit Stift, Buch und Tablet - Meine Krisen - meine ChancenMarkt zu bringen. Ich begnügte mich damit, hin und wieder Texte für einen Freund zu schreiben. Als er mir eines Tages offenbarte, dass in meinem letzten Beitrag dieses und jenes zu streichen wäre, war ich verzweifelt. Ich war verletzt, persönlich beleidigt. Mein Text, an dem ich so lange gefeilt, in den mein ganzes Herzblut geflossen war, gefiel nicht. Ich wollte ihn so nicht abändern. Der dahinterliegende Sinn würde verloren gehen, meine liebevoll aufgebauten Wortkonstrukte zerstört werden. Sie waren mir im Zuge des Ausarbeitens vertraut geworden. Jeder Begriff war wohl überlegt, jede Formulierung zigmal hinterfragt worden. Und dann, wenn ich sie für gut und stimmig befunden hatte, ergab dies für mich einen vollständigen, kompletten Guss, war wie eine wohlklingende Melodie, wie eine zarte Komposition, die nicht zerstört werden durfte. In meiner Not wurde es mir plötzlich klar: Es wird meinen eigenen Blog geben. Ich werde ihn befüllen mit meinen Konstrukten an Wörtern, mit meiner Art mich auszudrücken. Ich werde Texte schreiben, meine Texte. Ich setzte mich hin, kämpfte verbissen gegen so manches Technikproblem an und siehe da, plötzlich ging es voran mit dem Download für die Website, das wochenlang nicht funktionieren wollte, plötzlich waren die Themen klar – plötzlich nahm er Formen an, mein Blog.

Das Muster lässt sich unschwer erkennen. Nach durchgestandenen Krisen tat sich jeweils etwas auf, entstand etwas Neues. Die Saat, die in mir keimte, wucherte. Kleinere und größere Krisen in meinem Leben gaben mir den nötigen Ruck, den ich brauche, um etwas umzusetzen, etwas zu verändern, Dinge anzupacken. Manchmal musste ich hindurchgehen durch etwas, das mir zu schwer erschien. Unüberwindbar und aussichtslos aussah. Ich mochte es vorerst nicht, das Schwierige, das Schmerzliche, die Kritik. Ich wehrte mich, ich ließ mich hängen, tat mir leid. Es erschien mir zu groß für mich, ich zu schwach. Ich erkannte es nicht als meine Chance. Als eine Prüfung, die es zu bewältigen galt, um danach erfüllter zu sein. Als einen Stolperstein, den ich zu überwinden hatte, um dann wieder aufzustehen und stärker sein zu können als zuvor. Als eine Hürde, die ich nehmen musste, damit sie einen wertvollen Baustein bilden konnte in meiner wachsenden Persönlichkeit.

Mosaikstein Blume - Meine Krisen, meine ChancenAber das Leben war gut zu mir. Ich durfte wieder Vertrauen schöpfen. Ich durfte lernen, dass alles zur rechten Zeit in mein Leben trat. Dass das Leben nicht gegen mich, sondern stets für mich arbeitet. Dass ich selbst Unglücke willkommen heißen darf. Das Schwere, das Schmerzliche, die Prüfungen – sie alle haben mir etwas zu sagen. Ich erkenne, dass jede Hürde seinen tieferen Sinn hat. Jedem Tiefpunkt sein Hoch folgt und ich nach jeder Krise Erlösung erfahren darf. Ich erkenne, dass mir nichts zugemutet wird, das nicht zu schaffen ist. Ich bekomme letzten Endes nur Bewältigbares. Ich bekomme nur, was ich brauche, um nicht stehenzubleiben, um voranzukommen. Ich bekomme, was ich brauche, um zu erfüllen, was mein Auftrag ist und um meine Bestimmung leben zu können. Was ich brauche, damit sich die Mosaiksteine meiner Persönlichkeit formen zu einem vollendeten Ganzen.

Ich bekomme nur, was ich brauche, um ich zu werden. Jenes Ich, das mich aus all den Puzzleteilen meiner Höhen und Tiefen vervollständigt. Jenes Ich, das ich letztendlich gemeint bin zu sein.

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