Ich lasse mich

Schmetterling sitzt auf lila Lavendel - ich lasse mich hope and shine

Vorurlaubsvorfreude. Vorurlaubsaufregung. Vorurlaubsgutelaune. Endlich freuen, so richtig. Auf etwas, das nicht mehr in vager Ferne liegt, sondern so unmittelbar vor mir, sodass ich es fast schon greifen kann. Meine Fingerspitzen sind kribbelig. Ich bin hibbelig. Ich schreibe Listen, die Ordnung in den Kopf bringen sollen. Ich suche zappelig nach Büchern für den Urlaub und verliere den Faden in der Fülle der Angebote. Ich zähle die Tage bis. Trällere während dem Abwesenheitsagenten-Einrichten meines Email-Accounts vor mich hin. Sehe mich vergnügt dem Alltag entfliehen.

Aber da bin ich, immer noch. Meine Gedanken sind so viele, dass sie, würde ich sie aufschreiben, einen fetten Schmöker abgäben. Mein Kopf hört nicht auf mit Planen und Organisieren. Meine Hände waschen eifrig Wäsche für den Urlaub vor, sie verräumen Geschirr und Kleidung, machen hilflos Ordnung, wo es nichts mehr zu ordnen gibt.

Ein Vogel sitzt am Zaunpfahl - hope and shineIch seufze. Werde ich das je können? Das Nichtstun. Nur schauen. Nur sitzen. Möglichst gedankenlos. Der Sonne zusehen, wie sie scheint. Die Blume beim Blühen beobachten. Einem Vogel bei seinem Gesang zuhören. Einem Schmetterling mit den Blicken folgen. Dem Wind zusehen, wie er die Bäume wiegt und übers Gras streicht. Die Wolken ziehen lassen. Ohne daneben ein Foto oder wichtige Notizen machen zu müssen oder schnell ein Telefonat. Ohne etwas anderes als diese kleine Einmaligkeit vor mir zu betrachten, zu erleben, zu erspüren. Ohne etwas anderes im Sinn zu haben.

Mich fallenzulassen, hinein in mich. Alles andere unberührt an mir vorbeilaufen und mich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Meinen Gedanken nicht hinterherlaufen, nichts mit ihnen zu wollen. Nichts besprechen, nichts aufschreiben. Still sein. Alles gutheißen. Alles sehr gut heißen. Oder es gar nicht heißen. Es sein lassen, unbewertet. Milde werden. Zulassen, dass die Ruhe, die irgendwo da oben kreist, sich endlich auch auf mich legen darf. Die Stirn nicht runzeln. Die Lippen nicht zusammenpressen, nicht mit den Zähnen knirschen. Nicht darüber nachdenken, warum ich ständig nachdenke. Nicht grübeln, was weiter passiert.

Während ich laut nein denke, sage ich leise ja. Ja, irgendwann werde ich es können. Es liegt an mir und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, indem ich mich dafür entscheide, es zu tun. Jetzt sitze ich hier, zwischen zwei Waschmaschinenfüllungen. Jetzt versuche ich es. Ich werde mir soviel Zeit geben, wie ich brauche. Wahrscheinlich werde ich abdriften. Einige „Solltes“ und „Müsstes“ werden dazwischenfunken. Doch ich werde mich zurückholen, wieder und wieder. Sanft werde ich es tun. Ich werde mir dafür nicht böse sein, mich nicht schelten. Ich werde mir verzeihen, immer wieder. Ich werde gut zu mir sein, ich werde mir Geduld schenken, hundertmal, tausendmal, millionenmal – ich werde großzügig sein.

Die Wolken ziehen auf blauem Himmel - ich lasse michDann werde ich es gut sein lassen. Werde nicht dafür und nicht dagegen sein. Nicht rennen. Ich werde bleiben. Stehenbleiben. Ich werde keine Angst haben, etwas zu versäumen. Ich werde alles lassen. Ich werde mich lassen.

Ich werde leiser werden. Werde Impulse und Zwischentöne hören, die ich im Gerenne überhört habe. Werde Feinheiten entdecken, an denen ich vorbeigelaufen bin. Werde Neues sehen. Werde ins Staunen kommen.

Die Waschmaschine ist fertig. Der Summer piept. Ich bleibe. Es fällt mir schwer. Ich atme tief durch. Es wird.

 

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1 Kommentar

  1. Liebe Gabi,
    da bist du nicht allein – mit dem Üben der Gelassenheit.
    Und wirst sicherlich auch beschenkt…
    In diesem Sinne wünsche ich dir/euch einen einfach(en) schönen Urlaub 🙂
    Georg

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